Die Gegenwart ist geprägt durch militärische, religiöse und ökonomische Konflikte auf der einen Seite und zunehmende private Konflikte auf der anderen Seite. Gleichzeitig hat der Wunsch nach Versöhnung Konjunktur. Aber was bedeutet „Versöhnung“ in unterschiedlichen Kulturen und zu verschiedenen Zeiten? Historiker, Soziologen, Philosophen und Theologen setzen sich in einer neuen Ringvorlesung an der Universität Bonn mit dem Schlüsselbegriff "Versöhnung" auseinander und begeben sich auf eine Reise durch historische und aktuelle Konfliktzonen. Die öffentlichen Vorträge finden ab jetzt bis zum 21. Juli jeden Mittwoch von 18.15 bis 19.45 Uhr digital über das Konferenzsystem Zoom statt.
Auf den Spuren der Versöhnung blicken die Forschenden unter anderem auf Lateinamerika, den Vatikan oder Israel. Prof. Dr. Moshe Zimmermann (Hebrew University Jerusalem) spricht beispielsweise über Konflikte im Nahen Osten und die (Un-)Möglichkeit der Versöhnung. Dr. Monika Wehrheim referiert über Gewalterfahrung und Versöhnungsliteratur in Lateinamerika. Über die „Zumutung der Versöhnung“ beim Umgang mit sexueller Gewalt in der Katholischen Kirche diskutiert Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister. In einer weiteren Sitzung spricht Prof. Dr. Mouhanad Khorchide (Uni Münster) über seine Forschung zu den Versöhnungspotenzialen von Sunniten und Aleviten in der Türkei.
Alle Interessierten sind eingeladen, sich online zuzuschalten und mitzudiskutieren. Die Veranstaltung findet bis zum 21. Juli immer mittwochs um 18.15 Uhr via Zoom statt, nachdem sie am 14. April durch die Organisatoren Prof. Dr. Michael Schulz, Prof. Dr. Hans-Georg Soeffner und Esther Gardei mit einer theoretischen Grundlegung eröffnet wurde.
Anmeldungen zur Ringvorlesung:
Externe Interessierte können sich über eine E-Mail an Esther Gardei (Mitarbeiterin der TRA-Initiative „Versöhnung“, Universität Bonn) bis Dienstagabend vor der jeweiligen Sitzung (17.00 Uhr) anmelden: gardei@uni-bonn.de
Mitglieder der Universität Bonn melden sich über das elektronische Vorlesungsverzeichnis Basis an.
Forschung über die Fächergrenzen hinweg
Die Ringvorlesung ist eine fakultätsübergreifende Querschnittsinitiative der Transdisziplinären Forschungsbereiche „Individuen, Institutionen und Gesellschaften“ sowie „Vergangene Welten – Zeitgenössische Fragen: Kulturen in Zeit und Raum“ der Universität Bonn. Diese und vier weitere Transdisziplinäre Forschungsbereiche (englisch Transdisciplinary Research Area, TRA) wurden im Zuge der Exzellenzförderung eingerichtet mit dem Ziel, Akteure aus den unterschiedlichsten Fakultäten und Disziplinen zusammenzubringen, um gemeinsam an zukunftsrelevanten Forschungsthemen der Exzellenzuniversität zu arbeiten.
Das Programm der Ringvorlesung „Versöhnung in interdisziplinärer und interkultureller Perspektive“:
21. April: Zumutung der Versöhnung. Systematische Konturen aus theologisch-ethischer Sicht, Prof. Dr. Jochen Sautermeister, Katholische Theologie, Moraltheologisches Seminar
28. April: Konzepte von Versöhnung in der griechischen Antike, Prof. Dr. Winfried Schmitz, Institut für Geschichtswissenschaft, Lehrstuhl Alte Geschichte
5. Mai: Die Erfindung der Toleranz im Zeitalter der Glaubenskriege, Prof. Dr. Mathias Schmoeckel, Rechts-und Staatswissenschaftliche Fakultät, Institut für Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte
12. Mai: Jorge Semprún und die problematische Versöhnung nach dem Spanischen Bürgerkrieg, Prof. Dr. Mechthild Albert, Institut VII/Romanistik, Iberoromanische Literatur- und Kulturwissenschaft
19. Mai: Konflikte und Versöhnung - eine nahöstliche Bestandsaufnahme, Prof. Dr. Moshe Zimmermann, The Richard Koebner, Minerva Center for German History, Hebrew-University, Israel
26. Mai: Religiöse Potentiale der Versöhnung zwischen Sunniten und Aleviten in der Türkei und deren Konsequenzen für das Verhältnis dieser beiden Religionsgemeinschaften in Deutschland, Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Islamische Theologie und Islamische Religionspädagogik, Münster
2. Juni: Religionspolitische und -wissenschaftliche Analysen zur konstruktiven Versöhnungsforschung innerhalb von Diasporagesellschaften in Deutschland, Prof. Dr. Hüseyin Cicek, Institut für Islamisch-Theologische Studien, Wien
9. Juni: Zwischen Angst, Akzeptanz und Loyalität: Zum zeitgenössischen Umgang mit den tschingisidischen Eroberungen in Eurasien im 13. und 14 Jh., Dr. Ishayahu Landa Institut für Orient- und Asienwissenschaften, Fachbereich „Mongolistik“
16. Juni: Zwischen Aufklärung und Ignoranz – John Fryers (1839 – 1928) Neuer Roman (Shíxīn xiǎoshuō) im Kontext der missionarischen Bildungs- und Lehrbuchliteratur der späten und ausgehenden Qing-Zeit (1793-1911), Sabine Weber (MA), Institut für Orient- und Asienwissenschaft, Fachbereich „Wirtschaft und Gesellschaft Asien“
30. Juni: „Er bitte sie um Verzeihung“ – Das Confesionario (Beichthandbuch) des Bartolomé de Las Casas als lateinamerikanische Utopie der Sklavenbefreiung und Versöhnung, Prof. Dr. Michael Schulz, Arbeitsbereich Philosophie und Theorie der Religionen
7. Juli: Verdrängen, Beschreiben, Versöhnen? Gewalterfahrung und Literatur in Lateinamerika, Dr. Monika Wehrheim Institut für Romanistik, Iberoromanische Literatur und Kulturwissenschaften
14. Juli: Versöhnung - Figurationen und Akteursstrategien, Prof. Dr. Clemens Albrecht, Institut für politische Wissenschaft und Soziologie Kultursoziologie
21. Juli: Transfers und Modelle: Aspekte von "Versöhnung" in geschichtswissenschaftlicher Perspektive, Prof. Dr. Peter Geiss, Institut für Geschichtswissenschaft, Abteilung Didaktik der Geschichte, Prof. Dr. Michael Rohrschneider, Institut für Geschichtswissenschaft, Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte / Zentrum für Historische Friedensforschung